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„Alten Mann braucht niemand mehr“

Kurt Oesterle liest aus seinem Roman

In seinem Roman „Alten Mann braucht keiner mehr“ erzählt der Tübinger Autor Kurt Oesterle die Geschichte eines um siebzig Jahre alten Mannes, der zu seiner großen Überraschung erfährt, dass das Alter nicht – wie oft behauptet – eine Verarmung mit sich bringt, sondern eine Bereicherung. Er erschrickt geradezu über die Intensität seines Erlebens am Ende seines sechsten Lebensjahrzehnts, lässt sich aber darauf ein und dringt zu Erfahrungen und Erlebnissen vor, die ihm bisher verschlossen waren. Liebe (auch die körperliche), Freiheit, Einsamkeit, Todesbewusstsein, Furcht, Lebensmut, Heiterkeit sowie Freundschaft (teils mit viel jüngeren Zeitgenossen) erschließen sich ihm so spät im Leben noch einmal ganz von neuem und bisweilen stärker und beglückender als je zuvor.

Dieser Roman will im Bewußtsein aller literarischen Risiken, die damit verbunden sind, ein Gegenwartsroman sein, der die bedrohlichen Krisen der Zeit – die Pandemie, die Klimakatastrophe, den Krieg im Osten Europas – nicht ausblendet, sondern ihre Wirkungen bis ins Alltags- und Seelenleben nachzeichnet. Der alternde Held, nur Otto genannt, stammt nicht aus den gebildeten Schichten, sondern war zeitlebens aus Misstrauen gegen höhere Bildung so etwas wie ein bewusster Proletarier – er nennt sich einen „Freischärler der Arbeit“. Die tieferen Schichten des Lebens hat er sich weder durch Poesie noch Philosophie oder Religion erschlossen, sondern durch Populärmusik von Johnny Cash bis Tom Petty, an der er sich denkend und fühlend bis ins Alter abarbeitet. Auch ist Otto ein gut trainierter Selbstdenker mit einer ganz eigenen Zeit- und Gesellschaftskritik, außerdem gezeichnet von einem – wie man sagen könnte – nicht unbeträchtlichen Komplex dem eigenen Land und seiner Geschichte gegenüber. Insgesamt gesehen: ein kritischer Vertreter der alten, noch sehr westlichen Bundesrepublik, der den Mainstream fürchtet – und lieber einsam bleibt als in falscher Gemeinschaftlichkeit unterzutauchen, also keiner von den alten weißen Männern, die schon – allein um zu schockieren – rechte Sprüche klopfen und sich so abstoßend wie möglich aufführen in einer Art von verspäteter Pubertät.

Kurt Oesterle, Jahrgang 1955, ist vor allem durch seinen Roman „Der Fernsehgast“ (2002) und durch Reportage „Stammheim. Der Vollzugsbeamte Horst Bubeck und die RAF-Häftlinge“ (2003) bekannt geworden. Er wurde ausgezeichnet mit dem Theodor-Wolff-Preis, dem Berthold-Auerbach-Preis sowie dem Ludwig-Uhland-Förderpreis.

Eine Reservierung wird empfohlen unter reservierung@tvfk.de oder 07022-2096-172.

Lage

Datum

02 Feb 2025

Uhrzeit

11:00

Preis

Eintritt: 9 (erm. 7) Euro

Ort

KulturKantine
Alte Seegrasspinnerei

Kategorie

Vortrag / Diskussion
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